Liebe*r Gedankenteilnehmer*in,
ich sitze am Strand, schaue in die Wellen. Rauschend rollt eine auf den Strand zu bis sie bricht. Zunächst unscheinbar bauen sie sich auf, tun sich zusammen oder versenken sich bald im großen Ganzen.
Ich weiß, ohne diese kleinen Wellen würde das Meer unvollständig sein. Ich weiß, auf eine Welle folgt die nächste. Bei genauem Hinsehen erkenne ich, wie jede besonders ist und zugleich alle zusammen ein Wellenmeer bilden, dessen scheinbare Einförmigkeit geballte Energie ist, erzeugt aus dem gemeinsamen Rhythmus, getragen von dem Meer, dessen Teil sie sind.
Die großen Wellen grummeln tief, andere plätschern hell im Hintergrund dazu, doch komplettieren alle den nassen Teppich aus rauschenden Klängen. Wenn ich mich ganz darauf einlasse sehe ich schnell, dass die einzelne Welle spektakulär und wunderschön ist. Und unwiederbringlich einzigartig.
Ich genieße den Anblick und die Anwesenheit dieser Erscheinung so lange sie währt, denn gerade ist mir bewusst, dass ich Zeit habe, viel Zeit. Meistens vergesse ich das und übersehe die einzelne Welle. Jetzt gerade nicht.
Wenn ich es noch genauer betrachte, dann gibt es die einzelne Welle nicht. Die ganze Bewegung des Wassers besteht aus einem einzigen ununterbrochenen Strom von Veränderung, Teilung, Zusammenführung, aber nie genau so wie im Moment davor. Wellentäler werden zu Wellenkämmen, Wellenkämme zu Wellentälern. So lange, bis sie vergehen, im Ganzen des Meeres aufgehen, um neu und verändert wieder aufzutauchen.
Ich wünschte, ich könnte mit dieser Gewissheit auf mein Leben blicken und dessen Wellengänge. Ich wünschte, ich könnte mit dieser Milde auf die ständige Strömung und die Wirbel des Miteinanders zwischen mir und meinen Mitmenschen schauen. Ich wünschte, ich könnte das Leben an sich so betrachten, mit der Einsicht, dass dieses Sein so ist, wie es ist, wie es sein soll, weil es so ist und wie es anders nicht sein kann.
Ich schließe die Augen, lächle leise, bewahre mir das Bild im Herzen. Vielleicht taucht es wieder auf und erinnert mich, wenn ich es brauche.
Nicht nächstes Jahr oder nächsten Monat! Diese Woche! Ab jetzt!
Alles Liebe für Deine Woche wünscht
Michael
Danke für das Bild an Dimitris Vetsikas auf Pixabay