Der Schatz der Ungeduld

Liebe*r Gedankenteilnehmer*in,

eine klassische Frage in einem Bewerbungsgespräch ist die Frage nach den persönlichen Schwächen. Und ein Klassiker ist auch, die eigene „Ungeduld“ als eine Schwäche zu benennen. Das klingt so schön unverfänglich. Doch die Ungeduld ist uns vermutlich allen sehr vertraut, wie auch mir.
Wenn ich meine Ungeduld spüre, dann warte ich auf einen Moment, von dem ich wünschte, er wäre schon jetzt da. Ich wünschte dann, die Zeit bis dahin möge schneller vergehen. Die Zeit bis zu dem „erlösenden“ Moment aber enthält unendlich viele Momente, von denen ich voller Ungeduld hoffe, sie mögen schnell weiter ziehen. All diese Momente, einfach ungesehen vergehen lassen.
Das Paradox besteht darin, dass ich diese Momente ganz bewusst auskosten und genießen könnte und ich mich gerade dadurch von der Zeit, vom dem Blick auf den quälend langsamen Sekundenzeiger lösen würde. Ich könnte vielmehr ein Füllhorn wunderbarere Momente kreieren, die mich im Augenblick verweilen und meine Ungeduld auflösen ließen.
Wenn ich an der Bushaltestelle stehe, kann ich mir bewusst machen, dass ich in genau diesem Augenblick nichts tun muß. Ich darf einfach nur sein. In der Schlange vor der Kasse kann ich genießen, eine Pause machen zu dürfen – von Allem. Wenn ich am Bahnhof den einfahrenden Zug mit dem geliebten Menschen erwarte, kann ich der Dankbarkeit Raum geben, dass es diesen Menschen gibt. Oder das es mich gibt. Oder das es das Leben gibt. Oder…

Ich kann mir an jedem einzelnen Tag viele zusätzliche Momente gelebten Lebens schenken, die ich sonst hätte verstreichen lassen.

Nicht nächstes Jahr oder nächsten Monat! Diese Woche! Ab jetzt!

Alles Liebe für Deine Woche wünscht
Michael

Bild von Linus Schütz auf Pixabay

Kommentar verfassen